Bei sexuellem Missbrauch gibt es kaum eindeutige Symptome, deshalb sollten immer Differentialdiagnosen aufgestellt werden. Zu den oben beschriebenen Verhaltensweisen werden weitere Verhaltensauffälligkeiten beobachtet.
Diese Symptome sind ebenfalls unspezifisch und müssen weiter abgeklärt werden:
Gestörtes Essverhalten, Schlafstörungen, Rückfall in ein Kleinkindverhalten (Regression), Weglaufen von zu Hause, Distanzlosigkeit, sexualisiertes Verhalten, Ablehnung des eigenen Körpers, Sexualstörungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch, Affektlabilität, Depressivität, erhöhtes Sicherheitsbedürfnis, Albträume, unklare Angstzustände, Schmerzen (z. B. Bauchschmerzen), Sprachstörungen, Stehlen und anderes delinquentes Verhalten, Beziehungsschwierigkeiten, Borderline-Persönlichkeitsstörungen und Konversionssyndrome.
Körperliche Symptome
Unterleibsverletzungen und Geschlechtskrankheiten bei Kindern, wie z. B. Gonorrhoe, sollten immer als Hinweise auf sexuelle Gewalt betrachtet werden. Entzündungen im Genitalbereich sind kein primäres Anzeichen für Missbrauch, da unspezifische Infektionen durch Darmbakterien sind relativ häufig sind. Spezifische Infektionen z. B. durch Trichomonaden oder Candida kommen dagegen bei Mädchen vor der Pubertät sehr selten vor, wenn kein sexueller Missbrauch vorliegt. Condylomata accuminata sind mit großer Wahrscheinlichkeit eine Folge von Missbrauch.
Außerdem sind Hämatome und Bisswunden im Genital- und Analbereich ein Zeichen von sexueller Gewalt. Allergien und Hautkrankheiten mit atypischem Verlauf (Pyodermien, Exzeme) können ebenfalls auf sexuellen Missbrauch hindeuten. Sehr oft jedoch ist sexueller Missbrauch bei der körperlichen Untersuchung nicht diagnostizierbar.
Die beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten sind keineswegs Beweise für eine Misshandlungs- oder Vernachlässigungssituation. Sie dienen allenfalls als Hinweise und können selbstverständlich auch andere Ursachen haben. Der behandelnde Arzt sollte allerdings bei diesen Befunden "körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt gegen das Kind" bzw. "belastende Lebensumstände" in die differenzialdiagnostischen Überlegungen einbeziehen.
Suggestivfragen vermeiden
Sollte es zu einem Gespräch mit dem Kind oder einer Betreuungsperson über den Verdacht auf Misshandlung bzw. Missbrauch kommen, ist für ein eventuell folgendes Strafverfahren vor allem folgendes wichtig: Jede Befragung des Kindes, insbesondere eine suggestive Befragung, kann bezüglich einer späteren Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Kindes äußerst problematisch sein. Deshalb sollte in Ihrem Gespräch alles unterlassen werden, was als Suggestivfrage gewertet werden könnte. Wenn sich das Kind von sich aus mitteilt, so sollten dessen eigene Angaben schriftlich, wenn möglich wörtlich niedergelegt werden.
Sorgfältige Dokumentation notwendig
Das Ergebnis der Untersuchung sollte - auch zur Sicherung von Beweisen für ein etwaiges Strafverfahren - sorgfältig dokumentiert werden. Zu diesem Zweck wird insbesondere auf die Untersuchungsbögen im Download-Bereich hingewiesen