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Rechtliche Rahmenbedingungen

Am 1. Januar 2012 ist das Bundeskinderschutzgesetz (Bundesgesetzblatt 2011 Teil I, S. 2975) in Kraft getreten. Für Ärzte bedeutet dies mehr Rechtssicherheit bei der Frage, wann sie Daten straflos an das Jugendamt weitergeben dürfen. Auch bringt das Gesetz ein neues Aufgabenfeld mit sich: Ärzte können sich mit anderen Akteuren im Kinderschutz in Netzwerken für Frühe Hilfen zusammenschließen.

Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht

Von besonderer Bedeutung ist § 4 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG). Danach dürfen Ärzte und andere Berufsgeheimnisträger im Falle einer Kindeswohlgefährdung unter bestimmten Voraussetzungen Informationen und Daten an das Jugendamt weitergeben, ohne sich wegen Verletzung der Schweigepflicht nach § 203 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar zu machen. Voraussetzung dafür ist, dass sie die Gefährdung des Kindeswohls nicht anders als durch Durchbrechen der Schweigepflicht abwenden können. Hierfür schreibt § 4 KKG ein mehrstufiges Verfahren vor:

In einem ersten Schritt sollen Sie mit dem betroffenen Kind oder Jugendlichen und seinen Personensorgeberechtigten über die Situation sprechen und sie beraten, bestehende Hilfeangebote zu nutzen. Hat dies keinen Erfolg oder würde ein solches Gespräch den Schutz des Kindes oder des Jugendlichen in Frage stellen, müssen Sie sich in einem zweiten Schritt von einer insoweit erfahrenen Fachkraft beraten lassen. Dieser Anspruch besteht gegenüber dem Jugendamt, das hierfür entsprechende externe Fachkräfte bereitstellen muss. Für die Beratung dürfen Sie die pseudonymisierten Daten des Kindes oder des Jugendlichen übermitteln.

Kommen Sie nach Beratung durch die insoweit erfahrene Fachkraft zu dem Ergebnis, dass die Gefährdung des Kindeswohls nur durch Einschalten des Jugendamts abgewendet werden kann, sind Sie befugt, das Jugendamt über den Fall zu informieren und die erforderlichen Daten zu übermitteln. Zuvor müssen Sie jedoch die Betroffenen hierüber informieren, sofern dies einem wirksamen Kinderschutz nicht entgegensteht.

Nach § 4 Absatz 3 KKG sind Sie „befugt“, die Daten an das Jugendamt weiterzugeben. Als Arzt haben Sie eine besondere Schutzfunktion für Leib, Leben und Gesundheit des Kindes. Geben Sie die Daten bei Vorliegen einer nicht anders abwendbaren Kindeswohlgefährdung nicht an das Jugendamt weiter, machen Sie sich möglicherweise wegen eines Körperverletzungsdelikts durch Unterlassen, schlimmstenfalls wegen eines Tötungsdelikts durch Unterlassen strafbar. Als Arzt sind Sie daher nicht nur befugt, sondern verpflichtet, das Jugendamt einzuschalten.